Wie erforscht man die Atmosphäre(n) der antiken Stadt Pompeji? Decorative Prinzipien als Bausteine einer Rekonstruktion

Shownotes

Pompeji ist eine der am besten erhaltenen Ruinenstädte der Antike. Hier lässt sich unter anderem gut erforschen, wie Menschen im spätrepublikanischen Italien und zur Frühzeit von Kaiser Augustus gewohnt haben. Wie haben sie ihre Wohnräume gestaltet? Wie prägten Stadthäuser, Straßen und Heiligtümer die Atmosphäre in Pompeji? Sechs Jahre lang ist Akademiemitglied Prof. Dr. Annette Haug mit ihrem Team diesen Fragen nachgegangen – im Rahmen des Forschungsprojekts ERC Grant DECOR „Decorative Prinzipien der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Italien“. In Folge 7 des Akademie-Podcasts „Wissenschaft als Kompass“ berichtet Annette Haug von den Ergebnissen.

„Im Blick des Projekts war das zweite Jahrhundert vor Christus bis zum ersten Jahrhundert nach Christus. Und in diesen 200 Jahren hat sich die Decor-Welt, die man im Haus für Neu-Dekorationen gewählt hat, sehr stark geändert. So ungefähr einmal pro Generation.“ So Prof. Dr. Annette Haug im Podcast-Gespräch. Eine große Rolle spielt in dieser Zeit auch der Amtsantritt von Kaiser Augustus im Jahr 27 vor Christus – seine Herrschaft löst einen noch nie da gewesenen Bilderboom aus.

Die Konzepte des Wohnens und der Ausstattung von pompejanischen Stadthäusern: So sehr sie sich auch wandeln – leitend bleibt die Idee von Decor durch die Jahrhunderte. Ein Begriff, der in vielen Zusammenhängen auftaucht. „Der lateinische Terminus ‚Decor‘ oder eben ‚Decorum‘ meint die Angemessenheit von Gestaltung. Das kann die angemessene Kleidung für eine Veranstaltung sein. Das kann der angemessene Redestil für eine bestimmte Situation sein. Es kann eben auch die angemessene Gestaltung des Lebensambientes sein.“

Im Podcast berichtet Haug besonders ausführlich über eines der Teilprojekte, in dessen Mittelpunkt das Thema „Wohnen im spätrepublikanischen Italien“ steht. Näher erläutert sie Rolle und Funktion von Decor-Räumen in pompejanischen Stadthäusern. Insbesondere Fragen nach der ästhetischen und semantischen Relevanz von Architektur und Bildern sowie den Wechselbeziehungen untereinander konnte das Projekt beantworten. Zentral ist dabei auch die Frage, wie der antike Betrachter, die antike Betrachterin die Räume wahrgenommen und genutzt haben. Annette Haug stellt im Gespräch fest, dass man "das antike Haus als sozialen Showroom betrachten" kann.

Die Kieler Archäologin hat mit ihrem Team in das DECOR-Projekt auch Straßen und Heiligtümer einbezogen. Haugs Abschlussmonographie betrachtet Pompeji mit Blick auf das Design urbaner Atmosphären, angelehnt an den Begriff der Atmosphäre, wie er in der Philosophie sei den 1980er- und 1990er-Jahren eine Rolle spielt.

Annette Haug ist an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Lehrstuhlinhaberin für Klassische Archäologie am Institut für Klassische Altertumskunde und seit 2017 Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg.

Wissenschaft als Kompass. Der Podcast der Akademie der Wissenschaften in Hamburg: https://www.awhamburg.de/mediathek/podcasts.html

Mehr über Prof. Dr. Annette Haug: https://www.awhamburg.de/mitglieder/ordentliche-mitglieder/detail/prof-dr-annette-haug.html

ERC Grant DECOR: Decorative Prinzipien der späten Republik und frühen Kaiserzeit in Italien (No. 681269). https://www.klassarch.uni-kiel.de/de/decor/decorative-prinzipien-der-spaeten-republik-und-fruehen-kaiserzeit-in-italien

Frei zugängliche Bücher zur Podcast-Folge ➤ Annette Haug: Decor-Räume in pompejanischen Stadthäusern. Ausstattungsstrategien und Rezeptionsformen (Berlin 2020). DOI: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110702705/html

➤ Annette Haug: Öffentliche Räume in Pompeji. Zum Design urbaner Atmosphären. DOI: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110988383/html#contents

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